Oft werden wir gefragt: Warum verkauft sich mein Buch nicht? Der Ton schwankt dabei zwischen ratlos, neugierig, verzweifelt und vorwurfsvoll. Um diese Frage zu beantworten, müssen wir uns zunächst mit dem Ort beschäftigen, an dem Bücher ge- und verkauft werden: Dem Markt.
Ein Punkt, der von Selfpublisher*innen oft vergessen oder übersehen wird: Ein Buch ist ein Produkt, das auf dem Markt gehandelt wird. Daher ist es auch den Regeln des Marktes unterworfen, weswegen ihr euch mit einigen Grundlagen der Wirtschaftswissenschaften beschäftigen solltet.
Lasst euch von VWL und BWL nicht abschrecken! Sie helfen zu verstehen, warum sich euer Buch vielleicht gerade nicht verkauft und was ihr dagegen tun könnt. In einem Folgebeitrag erläutern wir euch demnächst die Grundlagen des Marketings und was ihr selbst unternehmen solltet, um den Verkauf eurer Titel anzukurbeln.
Gewinnerzielungsabsicht
Machen wir uns nichts vor: Buchhandlungen, Distributoren und Barsortimente wollen Geld verdienen und Gewinne erwirtschaften (und viele Autor*innen auch). Das ist auch notwendig, denn sonst können Personal, Server, Miete, technische und logistische Infrastruktur etc. nicht bezahlt werden. Wenn die Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens nicht mehr geben ist, muss es Insolvenz anmelden und kann eure Bücher nicht mehr an die Kund*innen bringen. Ungünstig.
Aus diesem Grund treffen Unternehmen wirtschaftliche Entscheidungen, z.B. welches Buch sie auf einer begrenzten Ladenfläche präsentieren. Wenn sie also euren Titel nicht auswählen, machen sie das nicht, um euch persönlich zu ärgern, zu benachteiligen oder böswillig vom Markt auszuschließen, sondern schlicht aus unternehmerischen Gründen. Bessere Konditionen, bessere Margen oder bessere Beziehbarkeit fließen z.B. in die Entscheidung bei gleichwertigen Titeln mit ein.
Angebot und Nachfrage
Als Angebot wird die Menge an Produkten und Dienstleistungen bezeichnet, die am Markt angeboten werden. Die Nachfrage hingegen ist die Absicht von Personen, Unternehmen etc., ein Produkt zu erwerben oder eine Dienstleistung in Anspruch zu nehmen. Wird mehr angeboten als nachgefragt, sinken Preise gewöhnlich – oder Produkte werden nicht gekauft. Produkte, also auch Bücher, die nicht oder nur schwach nachgefragt werden, nimmt der Handel früher oder später aus dem Sortiment und ersetzt sie durch besser verkäufliche.
Die Sache mit der Konkurrenz
Durchschnittlich erscheinen in Deutschland pro Tag (!) über 100 neue Bücher. Aber ihr müsst euch nicht nur gegen Neuerscheinungen und Backlist-Titel auf dem Buchmarkt durchsetzen. Ein Buch kaufen oder doch einen Kaffee? Das Buch lesen oder ins Kino gehen? Eure Leser*innen haben nur begrenzt Geld und Zeit, die sie in euer Buch investieren können. Freizeitkonkurrenz und Opportunitätskosten sind hier die Stichworte, mit denen ihr euch beschäftigen solltet.
Auch der Buchhandel sieht sich täglich mit dieser Menge an Titeln konfrontiert und muss auswählen. Schließlich passt nicht jedes Buch dieser Welt in die Regale. Hier spielt es eine große Rolle, wie attraktiv (> Produktattraktivität) und lukrativ (> Gewinnerzielungsabsicht) ein Titel ist.
Timing
Timing ist bekanntlich alles. Der Zeitpunkt, zu dem ein Produkt auf den Markt geworfen wird, kann maßgeblich zu Erfolg und Misserfolg beitragen. Dabei müsst ihr zwei Dinge berücksichtigen:
Inhalt
Die neue Schokoladensorte „Zimtstern“ mit weihnachtlicher Verpackung im Juli? Eher nicht. Das gilt auch für Bücher. Weihnachtstitel verkaufen sich bei 30 Grad eher schleppend, während die Chance auf Marketingplätze für leichte Sommerlektüre im Dezember minimal ist. Wenn ihr Trends bedient, solltet ihr zudem darauf achten, wie ihr mit der Welle mitschwimmt. Ist sie gerade auf dem Höhepunkt, geht euer Buch vielleicht in der Masse unter. Seid ihr zu spät dran, ist das Thema womöglich schon wieder out.
Deadlines und Lieferzeiten
Informiert euch zudem unbedingt über Termine, Fristen und Druckzeiten! Welche Vorlaufzeiten haben Kampagnen? Wie sind die Lieferzeiten rund um Weihnachten? Wann sind Einreichungsfristen und in welchem Turnus bestückt eure Buchhandlung ihre Tische neu?
Das beste Buch hilft euch nicht, wenn ihr es zur falschen Zeit veröffentlicht.
Produktlebenszyklus
Jedes Produkt, das am Markt gehandelt wird, durchläuft einen Lebenszyklus. Er umfasst die Phasen Einführung, Wachstum, Reife, Sättigung und Degeneration. Es ist völlig normal, dass sich euer Buch in diesen unterschiedlichen Phasen unterschiedlich gut verkauft, da der Markt unterschiedlich reagiert. Welche Marketingstrategie für welche Phase geeignet ist, könnt ihr bald in einem weiteren Blogbeitrag nachlesen.
Produktattraktivität
Wenn euer Buch am Markt bestehen soll, muss es für Handel und Käufer*innen attraktiv sein. Ein professionelles Cover, ein fehlerfreier und ansprechender Klappentext, ein lektorierter und korrigierter Inhalt und ein marktfähiger Preis sind hier nur einige Punkte, die ihr zwingend braucht. Mehr könnt ihr unserem Blogbeitrag „Wie kommt mein Buch in den Buchhandel“ nachlesen. Geht also noch einmal in euch, bittet unvoreingenommene Menschen nach deren Meinung und Expertise, analysiert den Markt und die Konkurrenztitel und fragt euch: Hat mein Buch wirklich alles, was es braucht? Ist es wirklich konkurrenzfähig?
Oft hat man sich in ein Coverdesign verliebt, findet den eigenen Klappentext perfekt und braucht sowieso kein Lektorat, weil man ja Germanistik studiert hat. So schwer es mitunter zu akzeptieren ist: Doch, ihr braucht ein externes Lektorat und Korrektorat. Ja, Klappentexte zu schreiben ist verdammt schwierig. Nein, ihr solltet das Cover (meistens) nicht selbst machen, wenn ihr kein*e Grafiker*in mit Erfahrung seid.
Natürlich gibt es hier Abstufungen und Ausnahmen. Ihr müsst für euch selbst entscheiden, welche Absichten ihr mit euren Büchern verfolgt und wie viel Zeit und Geld ihr investieren wollt und könnt. Wer aber gute Verkäufe erzielen, sein Buch ganz vorne im Buchhandel auf dem Tisch sehen, wer also am Markt bestehen will, der sollte sich mit den Spielregeln des Marktes vertraut machen.
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Ein knackig kurzer Artikel. Alles Wesentliche auf den Punkt gebracht. Danke für die Gedankenstütze!
Mit besten Grüßen
Michael Kothe, Autor