Reihen schreiben

Reihen schreiben: Wie man eine Reihe beendet, bevor man stirbt

Die einen lieben sie, die anderen hassen sie und wieder andere würden sie gerne lieben, trauen sich aber gar nicht erst anzufangen. Die Rede ist von Serien, die nicht nur in der Buchwelt einen besonderen Reiz ausmachen. Katania de Groot und Katrin Ils, beides Autorinnen erfolgreicher Serien, geben uns einen Einblick ins Reihen schreiben.


Welche Art von Serien gibt es überhaupt?

Grundsätzlich unterscheiden sich Reihen und Serien darin, dass Bücher einer Reihe unabhängig voneinander gelesen werden können, während Bücher einer Serie chronologisch gelesen werden. Grob kann man Serien/Reihen in vier verschiedene Arten unterteilen:

  • Ein großes Buch, das nur in Stücke geteilt wird,
  • aufeinanderfolgende Geschichten, die miteinander verbunden sind (das, was wir uns wohl alle vorstellen, wenn das Wort „Serie“ fällt),
  • Geschichten, die miteinander verbunden sind, aber in der jedes Buch für sich steht und
  • Geschichten, die für sich alleine stehen und nur lose mit den anderen verbunden sind, etwa durch eine Figur oder eine Welt (die klassische „Reihe“).

Je nachdem, in welche Kategorie die Geschichte fällt, ergeben sich Unterschiede beim Plotten, beim Figurencast etc.

 

Welche Vorteile bieten Buchreihen?

Eine Serie gibt einer Geschichte mehr Raum, als ein alleinstehender Roman das kann. Bei einem Einzelband hat man drei- bis vierhundert Seiten, um den LeserInnen Welt und Figuren näherzubringen. Eine Serie ermöglicht hingegen, dass die Details über die verschiedenen Bände hinweg eingestreut werden. So erfahren LeserInnen mit jedem Band der Reihe mehr über die Welt.

Davon abgesehen lässt eine Reihe AutorInnen den Raum, etwa verschiedene Nebenfiguren in den Mittelpunkt zu rücken, oder gar die Sichtweise auf die Charaktere komplett auf den Kopf zu stellen, indem ein Band aus der Sicht des Antagonisten verfasst wird. Die LeserInnen treffen geliebte Charaktere in den folgenden Bändern wieder und fiebern von der ersten Seite an mit ihnen mit, denn es sind alte Bekannte, die sie ein weiteres Stück begleiten. Buchserien und -reihen sind eine gute Möglichkeit, LeserInnen zu binden, denn im besten Fall möchte jede/r, der/die den ersten Band gelesen hat, auch den zweiten und dritten.

Für die AutorInnen vermindert es auch den Rechercheaufwand: Welt und Figuren sind bekannt, und man muss für das nächste Buch einer Reihe nicht so viel an Recherche, Figurenentwicklung und Weltbauarbeit leisten wie bei einem völlig neuen Romanprojekt.

 

Aber Nachteile gibt es doch auch?

Natürlich gibt es auch Nachteile und sie sind zahlreich! Fangen wir mit dem für uns schwerwiegendsten an: Die Absprungrate. Es gibt keine 100% „Read-through-Rate“, mit jedem Band einer Serie gehen LeserInnen verloren. Hier spielt vor allem der zeitliche Abstand zwischen Veröffentlichungen eine Rolle: Je schneller man schreibt, desto besser! Tatsächlich schreiben einige AutorInnen ihre Serien vor und beginnen erst zu veröffentlichen, wenn bereits einige Bücher geschrieben sind.

Ebenfalls bedenken beim Reihen schreiben muss man, dass viele LeserInnen Serien erst beginnen, wenn sie abgeschlossen sind. Da diese zukünftigen Käufe aber keinesfalls sicher stehen, lohnt sich auch keine Kalkulation dieser „Vielleicht-Verkäufe“. Ob man sich trotzdem auf die Finanzierung einer Serie einlassen will, müssen SelfpublisherInnen selbst entscheiden. Im besten Fall sind Serien so ausgelegt, dass man sie bei mangelnden Verkaufszahlen auch rasch beenden kann.

Auch erwähnt werden müssen die Phasen der Eintönigkeit. So toll es auch ist, die Charaktere auf ihrem Weg zu begleiten, manchmal sind Phasen dabei, in denen man sie als AutorIn einfach nicht mehr sehen kann. Die Verlockung, die Serie auf Pause zu stellen und sich anderen Projekten zu widmen, kann groß sein, aber das ist der sicherste Weg, LeserInnen nachhaltig zu verärgern.

 

Tipps und Tricks

Planen ist bei Serien alles. Auch die AutorInnen, die eher wenig plotten, kommen bei einer Serie nicht darum herum.

Ein Endpunkt ist beim Reihen schreiben essentiell. Ohne einen Punkt, auf den man hinarbeitet, verirrt man sich leichter. Was für eine Geschichte soll die Serie erzählen, was soll sie aussagen und wo soll sie hinführen? Diese Fragen sollte man sich unbedingt stellen, und zwar immer wieder. So verhindert man, dass man während des Schreibens völlig von der eigentlichen Geschichte wegdriftet. Während man Plotfehler innerhalb eines einzelnen Romanes bei der Überarbeitung ausbügeln kann, kann man bei einer Serie nicht plötzlich Band 2 umschreiben, weil man im Band 4 draufkommt, die falsche Figur getötet zu haben.

Dazu gehören auch die Entscheidungen über die Figuren, mit denen man arbeitet: Ist die Heldin ein einsamer Wolf? Ist das Team „kugelsicher“, heißt, vom Kerncast wird nie jemand sterben? Oder aber können Figuren des engsten Kreises sehr wohl sterben? Wie geht man mit der Zeit in der Serie um? Sind die Protagonisten immer gleich alt oder werden sie älter? Wie viele Nebenhandlungsstränge gibt es? Für welchen können schon in Band 1 Andeutungen gemacht werden? Welche Information müssen LeserInnen spätestens in welchem Buch der Reihe haben? Sollen LeserInnen mehr wissen als die Figuren oder alles mit den Figuren erleben?

Jeden Handlungsstrang, den ihr öffnet, müsst ihr auch wieder schließen. Es gibt kein rundes Ende, wenn noch Fragen offen sind. Was wurde denn nun aus Tante Ernies Suche nach dem Gral? Sie ist immerhin in Band 2 losgegangen, sollte sie nicht irgendwann zumindest einmal angerufen haben?

Am besten legt man eine Serienbibel an. Das ist ein Ort, an dem alle Informationen zu Welt, Figuren, Plot und Handlungssträngen gesammelt werden. Das kann in Form eines Wikis, eines Worddokuments oder eines Notizbuches passieren, wichtig ist, dass man die Serienbibel auch regelmäßig pflegt!

Dann macht sie sich aber wirklich bezahlt: Man muss in Band 5 wissen, ob die Protagonisten in Band 3 dieses eine wichtige Ding schon erwähnt haben? Kein Problem! Dank der Serienbibel muss nicht das komplette Buch noch einmal gegenlesen werden. Auch wenn man während dem Schreiben felsenfest davon überzeugt ist, nie das Aussehen der Heldin zu vergessen: In Band 3 schlägt man dann doch einmal verschämt nach, ob die Narbe jetzt auf der linken oder rechten Schulter ist. Die Serienbibel ist quasi der Fels in der Brandung von Plotsträngen, Figurenentwicklungen und der Versuchung, eine Nebenfigur entgegen aller Pläne doch am Leben zu lassen.

Das Thema Serien und Reihen schreiben ist umfangreich genug, um eine ganze Blogreihe daraus zu machen, aber wir hoffen, einen kleinen Einblick in die Vor- und Nachteile des Schreibens von Serien gegeben zu haben. Reihen schreiben macht unglaublich viel Spaß. Es ist toll, sich die Welt und die Figuren immer tiefer zu erarbeiten, und das Manuskript für den nächsten Band zu öffnen hat, trotz aller Frustration, die einem beim Serienschreiben so begleitet, immer etwas von nach Hause kommen.


Katania de Groot liest seit zwanzig Jahren Fantasy. Zwischen Hund und alltäglichem Chaos, schreibt sie an ihrer Dark-Romantasy-Reihe „Wolfkisses“. Romantisch, düster und manchmal darf gelacht werden. Mehr Information findet ihr auf ihrer Webseite.

Katrin Ils lebt und schreibt in Wien, wo sie sich ihre Wohnung mit Magiern, Antihelden und Avocadobäumen teilt. Ganz den österreichischen Autorenkonventionen folgend, schreibt sie besonders gerne im Kaffeehaus, wobei böse Zungen behaupten, dass das eher an ihrer Schwäche für Malakofftorte liegt. Man findet sie im Netz unter www.katrinils.com

 

Dieser Blogbeitrag war ursprünglich als Inforunde auf der Leipziger Buchmesse 2020 geplant. Nach deren Absage ist er nun Bestandteil unser #OnlineLBM unter dem Motto #digitalstattviral

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