Phillip P. Peterson machte sich mit seiner Science-Fiction-Reihe „Paradox“ einen Namen, veröffentlichte aber auch ein Sachbuch über die besten Science-Fiction-Filme. Was man beim Schreiben von Roman versus Sachbuch beachten muss, berichtet er hier.
Schablonen und Patentrezept adé
Über das Handwerkszeug, das man zum Schreiben eines Romans braucht, gibt es Unmengen an Formeln und Richtlinien, an die man sich halten kann. Das fängt bei Schablonen zum Entwurf lebendiger Charaktere an und hört beim Drei-Akt-Modell noch lange nicht auf. Unmengen an Schreibratgebern habe ich studiert und eine Schule für Autoren beim Bastei-Lübbe-Verlag in Köln besucht. Nein, das Schreiben meiner Romane hat mir nie Probleme bereitet.
Aber wenn man nach vier Thrillern plötzlich mit der Arbeit an einem fünfhundertseitigen Sachtext beginnt, steht man wieder ganz am Anfang. Es gibt keine Protagonisten und keine Antagonisten, keine Akte, keine Heldenreise und keine Auflösung. Wie soll man das ganze, recherchierte Wissen nun vernünftig strukturieren?
Es gibt hier kein Patentrezept, das man auf alle nicht-fiktiven Texte, die im englischen Sprachgebrauch ja auch gerne mit dem Begriff Non-fiction zusammengefasst werden, anwenden kann. Es kommt natürlich darauf an, was für eine Art Text man schreibt, denn “das Sachbuch” gibt es nicht. Den Bereich der Sachbücher kann man, ähnlich den der Belletristik, in unterschiedliche Subgenres aufspalten. Dazu zählen zum Beispiel Biografien, Tagebücher, Handbücher, Ratgeber, wissenschaftliche Texte, Reisebücher, Nachschlagewerke und Reportagen. Und jedes dieser Subgenres gehorcht seinen eigenen Gesetzen und Richtlinien, die man tunlichst kennen sollte, bevor man mit der Arbeit an seinem Text beginnt.
Hallo, Struktur und Recherche!
Für mein Sachbuch über die Geschichte des Science-Fiction-Films habe ich eine Struktur gewählt, die sich aus ausgewählten Filmrezensionen zusammensetzt, die dann wiederum in einen zeitgeschichtlichen Kontext gesetzt wurden. Das hatte für mich mehrere Vorteile: Zum einen bekommt man eine Struktur, die aus vielen kleinen Kapiteln besteht, die je nach Erscheinungsdatum des Films automatisch eine chronologische Reihenfolge erhalten und ähnelt daher am ehesten einer Sammlung von thematisch verwandten und passend sortierten Essays. Zum anderen hat es mir erlaubt, viele Texte aus einem Filmblog nutzen zu können, den ich vor einigen Jahren betrieb. Ja, ich war sogar so naiv zu glauben, dass die Arbeit größtenteils daraus besteht, die Texte des besagten Blogs per Drag und Drop in eine neue Buchdatei zu ziehen und nach minimaler Überarbeitung an meine Lektorin weiterzureichen. Aber das wäre zu einfach gewesen.
Denn der Text war eine Katastrophe. Es gab zu viele Wiederholungen. Redewendungen und Satzfragmente, die in zu vielen Einzelrezensionen benutzt werden kann man stehen lassen, wenn auf einem Blog nur alle paar Tage mal ein Bericht erscheint und gelten dort auch schnell als beliebter “Running Gag”. Ein Buch, das auf jeder zweiten Seite dieselbe Redewendung benutzt, möchte der Leser hingegen nach kurzer Zeit in den Papierkorb werfen.
Eine ordentliche Recherche spielt natürlich bei den meisten Sachbüchern eine Rolle. Je nach Präsentation eines Textes oder wenn das Buch akademischen Ansprüchen genügen soll, kommt man auch nicht darum herum, Fußnoten zu nutzen und ein adäquates, penibel gepflegtes Quellenverzeichnis einzufügen. Dafür gibt es spezielle Software oder Plug-Ins, auf die ich nach leidvollen Erfahrungen mit meiner Dissertation vor einigen Jahren auf keinen Fall verzichten würde. Für mein Buch über die Geschichte des Science-Fiction-Films habe ich zugunsten des Essay-Charakters auf einen akademischen Anspruch verzichtet und mir die Arbeit erspart.
Wie ich bereits angedeutet habe, war die Nachbearbeitung deutlich aufwendiger als die eines Romans. Das galt sowohl für mich als Autor, als auch für meine Lektorin, da man bei vielen Unklarheiten einen Sachverhalt nochmals nachrecherchieren muss (wobei wiederum das angesprochene Quellenverzeichnis helfen kann).
Im Nachhinein war das Schreiben eines Sachbuchs eine überaus interessante Erfahrung, die ich jedem Autor einfach nur empfehlen kann. Allerdings sollte man sich vorher genau überlegen, welche Struktur man dem Buch geben möchte, denn wenn man erst mal mit dem Schreiben angefangen hat, lässt sich diese nur unter allergrößter Mühe noch ändern.
Über den Autor
Phillip P. Peterson ist für seine spannenden Science-Fiction-Roman bekannt. Für den Astronauten-Thriller “Paradox” gewann er den Storyteller-Award, den dritten Platz des Deutschen Science-Fiction-Preises und war für den Kurd-Laßwitz-Preis nominiert. Daneben schrieb er aber auch das umfangreiche Sachbuch “250 Science-Fiction-Filme von 1902 bis 2016” über die Geschichte des utopischen Films. Mehr zum Autor gibt es auf seinem Blog.
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