Seit über 15 Jahren ist Harald Henzler, studierte Literat und Philosoph, Experte für digitales Publizieren, Geschäftsmodelle und Portfolioentwicklung mit dem Schwerpunkt mobile publishing. Die mehrjährige Erfahrung in der Entwicklung digitaler Angebote, von Datenbanken über Applikationen bis hin zu Portalen und E-Books machen den Gründer und Geschäftsführer von smart digits sowie Mit-Gründer von flipintu zu einem sehr interessanten Gesprächspartner.
Wir haben Harald Henzler, dem langjährigen Geschäftsführer in Medienunternehmen, unsere 5 Fragen zum Thema „Preisgestaltung im Selfpublishing“gestellt.
1 | Welche Faktoren sind relevant für die Kalkulation eines eBook Preises und wie wirken sie sich aus?
Die Zielgruppe, der Markt für diese Zielgruppe und die Produktform.
Jede Zielgruppe will eigen angesprochen werden. Und für jede Zielgruppe können unterschiedliche Preissegmente und Formate von Relevanz sein. Und damit sind wir beim Markt, der von den jeweiligen Teilnehmern auch geprägt wird. In manchen Fachgebieten ist ein günstiger Preis kein Qualitätskriterium, in anderen muss ein günstiger Einstieg gefunden werden.
Und dann kommt ja auch noch die Produktform hinzu. Als Beispiel: Bei enhanced eBooks kann ich mich an den Büchern orientieren und deutlich mehr verlangen, wie wenn ich dieselben Inhalte als App im Store anbiete. Denn der Kunde ist es gewohnt, bei Büchern mehr zu bezahlen als bei Apps, von denen er viele ja kostenlos erhält.
Kurz gesagt, man muss in Geschäftsmodellen denken, will man hier nichts falsch machen. Und das heißt nichts anderes, als dass man mehrere Faktoren auf einmal im Blick haben sollte und auf keinen Fall die Preiskalkulation nur aus den Produktionskosten ableiten.
2 | Gibt es für Sie eine Schwelle, die der Preis nicht über- oder unterschreiten sollte? Und wenn, warum?
Alles hat einen Preis. Und wenn etwas kostenlos angeboten wird, dann sind es Werbung und Kundendaten, die dann eingesammelt werden dürfen. Auch Selfpublisher können ja Content Marketing machen, wenn sie wollen.
Deshalb gibt es auch hier keine allgemein gültige Aussage, sondern nur eine Ableitung aus dem jeweiligen Geschäftsmodell heraus.
3 | Welche Preisstrategie empfehlen Sie bei einem Debütroman oder einem noch unbekannten Autor?
Ich würde immer etwas verlangen. Denn das bedeutet Qualität. Aber ich würde viel Zeit und Energie darauf verwenden, im Vorfeld Multiplikatoren, Influencer und Kooperationspartner zu suchen. Damit sollte man nicht aufhören, wenn der Titel erschienen ist, aber im Vorfeld hilft das für den Start doch sehr.
4 | Was sollte man bei einer Preisaktion beachten? Gibt es den perfekten Zeitpunkt?
Auch hier gilt: Wenn man die Schnäppchenjäger abgreifen will, dann kann man auf eine „jetzt-günstiger-Aktion“ setzen. Das heißt aber noch nicht, dass man damit seine Leser erreicht hat. Je austauschbarer die Inhalte sind, desto wichtiger sind Preisaktionen. Je individueller die Inhalte sind, desto eher sollte man darauf achten, wo die Kunden zu erreichen sind. Und diese muss man nicht mit Geldvorteilen locken, sondern mit Mitwirkung, Interesse am Thema etc.
Wichtig ist bei Preisaktionen auch immer der Rahmen: wo und in welchem Umfeld erfährt der Kunde davon? Hier kann man viel kaputt machen, wenn man in falsche Gesellschaft gerät.
5 | Welche Geschäftsmodelle abseits vom reinen eBook-Verkauf gibt es für Self-Publisher?
Wie oben schon erwähnt, kann ich mein Werk anzeigenfinanziert vermarkten. Ich kann Kundendaten sammeln und meinen Zugang zum Kunden später vermarkten. Ich kann mir einen Namen erarbeiten und dann später wie ein Verlag auftreten, der mehrere Autoren unter seine Fittiche nimmt…
Es gibt der Möglichkeiten vieler. Entscheidend ist zunächst jedoch, dass man mit seinem Angebot bei seinen Kunden gut ankommt. Wenn das nicht stimmt, kann ich weder vom Produktverkauf noch von all den anderen Erlösquellen profitieren.
Viele weitere hilfreiche Beiträge finden Sie auch auf www.smart-digits.com, zum Beispiel:
Die fetten Jahre sind vorbei – erfahren Sie in „Selfpublishing und kein Ende“ die Herausforderungen der Branche.
Ein Blick in die USA: Mit welchen Metadaten versehe ich meinen Titel am besten? Lesen Sie die klaren Anweisungen in Metadaten für Bücher – sei ein “Kindle Samurai!”
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