Susanne Pavlovic

Ihr Beruf ist ihre Berufung – Lektorin Juri Pavlovic

Die „Textehexe“ Juri Pavlovic begeistert sich für alles, was mit Büchern zu tun hat. Sie veröffentlicht Romane und ist als Lektorin und Coach tätig. Sie und ihre vier „Mithexen“ begleiten Buchprojekte von der Ideenentwicklung bis zum abschließenden Korrektorat. Wir bedanken uns bei Juri Pavlovic für ihre Antworten auf diese spannenden Fragen:

 

Frau Pavlovic, Sie sind seit vielen Jahren in der Buchbranche unter anderem als Lektorin unterwegs und beraten Autoren. Sind es immer die gleichen Fragen, die Sie gestellt bekommen? Oder haben sie sich im Lauf der Jahre und der Digitalisierung geändert?

Sie haben sich erweitert. Die alten Fragestellungen gibt es immer noch: Wie kann ich meine Geschichte möglichst gut erzählen? Wie soll ich anfangen? Mit einer Kurzgeschichte oder doch gleich einem dicken Roman? Wie entwickle ich mein künstlerisches Schaffen weiter? Hinzu kommen seit 2011 / 2012 die typischen Selfpublisher-Themen: Wie kann ich meine Zielgruppe möglichst punktgenau abholen? Wie etabliere ich mich als „Marke“? Gibt es Strategien zur Veröffentlichung, die besonders erfolgsversprechend sind?
Die Digitalisierung und die Möglichkeiten des Selfpublishing haben die Arbeits- und Denkweise von Autor/innen deutlich verändert. Früher waren wir Autor/innen viel länger mit unseren Geschichten allein. Wir schrieben was, schickten das an zig Verlage und schrieben das Nächste, während wir auf die Verlagsabsagen warteten. Auf diese Art konnte man Jahre zubringen. Während dieser Zeit waren wir einsam und frustriert, aber wir hatten auch die Möglichkeit, völlig unbeeinflusst einen künstlerischen Ausdruck zu entwickeln, unsere Herzthemen zu entdecken, eine künstlerische Persönlichkeit zu werden. Und ich kenne keine Kollegin, keinen Kollegen jenseits der 40, die oder der nicht ein fürchterlich unausgereiftes Frühwerk in der Schublade hat und im Nachhinein echt froh ist, dass niemand das gedruckt hat.
Heute gehen sehr junge Autor/innen mit ihren, sagen wir, noch sehr unverbrauchten Erstlingen an die Öffentlichkeit und treten in den direkten Wettbewerb mit den Großen ihres Genres. Sie orientieren sich stärker an Verkaufszahlen und Modeströmungen, die es ja auch in der Buchbranche gibt. Sie sind dadurch sehr viel professioneller als frühere Generationen, aber sie müssen aufpassen, dass ihnen nicht das Wilde, Unverwechselbare verloren geht.

 

Wie oft hören Sie die Frage: Brauche ich überhaupt ein Lektorat? Was antworten Sie?

Tatsächlich sind Autor/innen, die mit mir Kontakt aufnehmen, grundsätzlich erst mal von der Notwendigkeit eines Lektorats überzeugt – sonst würden sie mich vermutlich gar nicht ansprechen. Ob sie mich aus den richtigen Gründen engagieren wollen, steht noch auf einem anderen Blatt. Nicht wenige Autor/innen sind davon überzeugt, ihr Text benötige nur ein bisschen Feinschliff, nur so mal ein bisschen wegen der Kommaregeln, und ich schau mir den Text dann an und denke, „Schätzelein, Kommaregeln sind aber dein kleinstes Problem …“ Und dann finde ich eine wertschätzende und liebevolle Möglichkeit, diese Botschaft rüberzubringen, ohne empfängerseitig einen Wein- oder Wutanfall auszulösen. Gelingt mir zum Glück meistens.
Würde mich jemand direkt fragen, „Brauche ich ein Lektorat?“, würde ich mit einem klaren „Kommt drauf an“ antworten. Ein Blick in die Charts beim großen A genügt, um zu sehen, dass man nicht zwingend Weltliteratur schaffen muss, um wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Letztlich kommt es auf zwei Kriterien an: das Qualitätsbewusstsein der Zielgruppe und die eigenen Ansprüche von Autor/innen an ihr Schaffen. Wenn beides nicht so ausgeprägt ist und der Laden läuft, würde ich mich da nicht einmischen wollen. Wenn Autor/innen aber das bestmögliche Buch für ein anspruchsvolles Publikum schreiben wollen, kann die Unterstützung einer Lektorin ungeheuer beflügeln.

 

Besonders am Anfang haben Autoren nicht das Budget in ein Lektorat zu investieren. Welche kostengünstigen Möglichkeiten gibt es?

Ich glaube, die Frage nach dem Budget hängt nicht davon ab, wie viele Bücher man schon veröffentlicht hat. Zu mir kam tatsächlich noch nie eine Autorin (und auch kein Autor), der/die drei oder vier Bücher sehr erfolgreich selbst veröffentlicht hätte und dann bei Nummer 5 beschlossen hätte, sich Unterstützung durch eine Lektorin zu holen, weil jetzt das Geld da ist. Warum auch? Der bisherige Erfolg gibt ihm doch recht. Ich habe allerdings immer mal Anfragen von Autor/innen, die unbegleitet mit ihrem Erstling auf den Markt sind und dann von der Leserschaft zu recht abgestraft wurden – es gehört eben auch etwas Erfahrung dazu, zu beurteilen, ob der eigene Text schon marktreif ist oder nicht, und diese Erfahrung hat man naturgemäß am Anfang nicht.
Autor/innen, die grundsätzlich ein schmales Budget haben, können kleinere Summen in ein Teillektorat und ein Gutachten investieren. Wir lektorieren zehn, zwanzig Seiten Text, erstellen ein Stärken-Schwächen-Profil und geben Tipps zum Weiterschreiben und zum Überarbeiten. Ganz beliebt ist auch ein Plotcoaching. Dabei geht es nicht um die sprachlich-stilistische Ausarbeitung, sondern rein um das Handlungsgerüst eines Romans. Das erfahrene Augen sieht an einer Inhaltsangabe schon Gefahrenstellen für den Roman – wo wird’s langweilig oder statisch, wo steigt uns die Zielgruppe aus, wo gehen Figuren verloren oder wird ein Konflikt nicht konsequent ausgebaut? Autor/innen können dann im Vorfeld ihre Planung optimieren und müssen nicht erst in die Grube fallen, um das Loch zu bemerken.

 

Wird Ihnen nicht langweilig, wenn Sie den hundertsten Liebesroman lesen?

Tatsächlich: nein. Jedes Projekt ist anders, jede/r Autor/in ist anders. Ich sehe mich ja als eine Fachfrau, die vor allem mit Menschen arbeitet und erst in zweiter Linie mit Texten. Und Menschen können mir gar nicht langweilig werden.

 

Was ist Ihr ultimativer Tipp für Autoren?

Lass dich nicht verbiegen. Schreib, was du willst, und nicht das, wovon du glaubst, dass es sich gut verkauft. Wenn du schreibst, dann fordere dich selbst heraus. Deine Geschichte soll nicht okay sein, sie soll exzellent sein. Gib dich nicht zufrieden. Bleib hartnäckig. Hab Geduld. Manchmal dauert es, bis Qualität sich durchsetzt. Hättest du es easy-peasy und gechillt haben wollen, wärst du nicht Schriftsteller/in geworden, oder? Und jetzt: Geh schreiben.

 

Wer ein Kurzlektorat von Juri Pavlovic gewinnen möchte, kann hier teilnehmen.

 

Info:


Erfahren Sie mehr über Juri Pavlovic unter www.textehexe.com

 

 

 

Patricia Gentner

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