Wirft man einen Blick auf die Webseite von Hans Peter Roentgen, sticht einem ein Slogan ins Auge: „Worte, die wirken“ steht auf jeder seiner Seiten. Und das beschreibt kurz und prägnant, was dem erfahrenen Coach und Lektor am Herzen liegt: Er schreibt, diskutiert, berät und rezensiert seit über 20 Jahren. Seine Worte sollen Wirkung finden und sie tun es. Er teilt seine Erfahrungen und sein Wissen in Trainings, Ratgebern und als Lektor. Wir haben den erfahrenen Buchmenschen und Lektor unsere 5 Fragen gestellt:
1 I Wie erkennt man einen guten Lektor?
Dass er Arbeitsproben auf seiner Homepage anbietet, Autoren also sehen können, wie er arbeitet. Dass er begründet, warum er welche Änderungen vorschlägt. Dass er weiß, dass es um das Buch des Autors geht, also der Autor das letzte Wort hat und der Lektor Vorschläge macht. Wenn Sie erstmal ein Beispiellektorat der ersten Seiten buchen, sehen Sie, wie der Lektor arbeitet. Leuchten Ihnen die Hälfte der Änderungen sofort ein, fragen Sie sich: Mensch, warum bin ich da nicht selbst drauf gekommen, ist das schon mal ein gutes Zeichen. Alle Vorschläge eines Lektors übernimmt kein Autor, aber wenn Sie 80 bis 90% übernehmen, dann passen Lektor und Autor zusammen.
Mit einem guten Lektor kann man über Probleme diskutieren, er beharrt nicht darauf, dass seine Vorschläge die einzig möglichen Lösungen sind.
Wenn sich die Beispieltexte auf der Homepage des Lektors besser lesen, mehr Drive in die Texte bringen und das auch bei dem Probelektorat so ist, dann haben Sie einen guten Lektor gefunden. Und natürlich sind die meisten guten Lektoren Lektorinnen, auch wenn die deutsche Sprache in den Berufsbezeichnungen die männlichen Formen bevorzugt.
2 I Was kostet es, wenn ein Lektor mich unterstützt?
Das hängt davon ab, was für Leistungen Sie buchen. Wollen Sie wissen, wo Ihr Text steht und lassen die ersten Seiten lektorieren, werden Sie einen zweistelligen Betrag zahlen.
Ein professionelles Lektorat, wie in großen Verlagen üblich, geht mehrfach durch den Text. Ein Lektor schafft maximal 8 Normseite (1500 Anschläge pro Normseite) die Stunde. Da können Sie sich leicht ausrechnen, dass die Kosten eines derartigen Lektorats vierstellig sind .
Dazwischen ist natürlich alles möglich, das hängt davon ab, was für Leistungen Sie beauftragen, wie ihr Text aussieht, ob er viel oder wenig Arbeit verlangt.
Lektorat kann ja ganz unterschiedliche Leistungen umfassen. Sie können den Plot und das Exposé bearbeiten, Sie können einige Anfangsseiten lektorieren lassen. Sie können einen ganzen Roman lektorieren. Deshalb ist die Frage so schwierig zu beantworten wie die Frage: Was kostet die Reparatur eines Autos?
3 I Welche Leistungen sind in einem Lektorat enthalten? Und welche nicht?
Korrektorat (also Rechtschreibkorrektur) ist keine Lektoratsleistung. In der Regel erfolgt das Korrektorat nach dem Lektorat. Wenn mir im Lektorat ein Rechtschreibfehler auffällt, korrigiere ich den natürlich, aber mein Schwerpunkt ist nicht die Korrektur der Rechtschreibung und Zeichensetzung.
Ansonsten sollten Autoren vorab klären, welche Leistungen sie buchen wollen. Meist finden sich auf der Homepage der Lektoren eine Liste, welche Leistungen angeboten werden.
Manche Lektoren bearbeiten ein ganzes Manuskript, um es veröffentlichungsreif zu machen. In der Regel wird dann vorab ein Musterlektorat der ersten Seiten gemacht, damit man sich beschnuppert, prüft, ob man zueinander passt und abschätzen kann, wie viel Arbeit der Text erfordert. Dann macht der Lektor einen Kostenvoranschlag anhand der Textprobe und es wird festgeschrieben, was zu tun ist.
Das ist aber nur eine Variante.
Ich biete zum Beispiel Schnupperlektorate der ersten Seiten an, viele Autoren buchen das, weil sie wissen wollen, wo sie stehen, auf was sie achten sollten, was sie wie verbessern sollten.
Wenn ein Autor zuviel in seinem Text erklärt und deshalb die Spannung absackt, dann muss ich nicht 400 Seiten unnötiger Erklärungen lesen. Das sehe ich bereits auf den ersten Seiten, kann es dem Autor sagen und ihm erklären, wie er es besser machen kann. Das spart dem Autor Geld und mir Nerven.
Viele Lektoren bieten wie ich auch Exposé- und Plotdiskussionen an. Da geht es um Spannungsbogen, die Handlung, die Figuren. Aber nicht um die Details, sondern nur um das Konzept.
Es gibt auch Manuskriptgutachten. Der Lektor liest das ganze Manuskript, aber bearbeitet es nicht, sondern sagt, was gut ist und was verbessert werden müsste. Das ist natürlich sehr viel kostengünstiger als ein Komplettlektorat. Auch Klappentexte lassen sich lektorieren, auch das ist eine Dienstleistung.
Ich bearbeite zum Beispiel keine ganzen Manuskripte, sondern nur Textblöcke von ca 20 bis 40 Seiten, mache Korrekturvorschläge, sage, auf was der Autor achten sollte und hoffe, dass der Autor dann die nächsten Seiten anhand der Diskussion selbst noch einmal durchgeht und mir mit dem nächsten Block einen besseren Text liefert. Da geht es darum, dass der Autor durch das Lektorat dazulernt, das er sich weiterentwickelt. Der Autor steht da im Zentrum. Soll ein Buch veröffentlicht werden, wird natürlich der ganze Text überarbeitet, da steht der Text im Zentrum.
Sie sehen, es gibt alle möglichen Leistungen in einem Lektorat, jeder Lektor hat eigene Schwerpunkte, welche Leistungen er anbietet. Laien glauben oft, dass Lektorat die Korrektur der Rechtschreibung, der Grammatik, vielleicht auch noch des Stils beinhaltet. Aber Lektorate können viel mehr leisten.
4 I Sie sind Mitglied im Verband der Freien Lektorinnen und Lektoren (VFLL). Wie unterstützt diese Gemeinschaft Autoren?
Der VFLL bietet eine Lektorendatenbank an, in der man gezielt Lektoren für bestimmte Aufgaben suchen kann (http://www.lektoren.de). Er bietet seinen Mitgliedern Fortbildungen aus den verschiedensten Bereichen an, um die Professionalisierung der Lektorate zu sichern. Und er nimmt nur Mitglieder auf, die auf entsprechende Berufserfahrungen verweisen können, tritt in die Öffentlichkeit, um deutlich zu machen, was professionelle Lektorate leisten können, welche Dienstleistungen Lektoren Autoren bieten und warum Autoren Lektoren brauchen.
5 I Zusammen mit dem Selfpublisherverband bietet der VFLL auf der Leipziger Buchmesse die Veranstaltungsreihe „Selfpublishing und Lektorat“ an. Welche Themen werden diskutiert und vorgestellt?
Selfpublisher müssen, das sagt schon der Name, alles selbst machen. Und eben auch dafür sorgen, dass ihre Werke dem Leser eine entsprechende Qualität bieten. Dazu gehört auch die Überarbeitung, das Lektorat.
In vier Veranstaltungen diskutieren wir mit erfahrenen Lektoren und Autoren, was Lektorat überhaupt ist und warum Autoren eins brauchen. Welche unterschiedlichen Möglichkeiten es gibt, Texte zu lektorieren und, ganz wichtig, welche typischen Anfängerfehler Lektoren schon auf den ersten Seiten auffallen.
Und natürlich all die Fragen, die hier im Interview gestellt wurden.
Die Veranstaltungshinweise finden Sie hier:
https://hproentgen.wordpress.com/2017/01/27/selfpublishing-und-lektorat/
Foto: Frank Gerigk
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